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Sind die fetten Jahre der Schweizer Wirtschaft vorbei?

Veröffentlicht am 11.05.2023 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
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Babyboomer in der Schweiz gehen in Rente. Was für die einen nach einem langen Arbeitsleben ein Verdienst ist, bereitet andererseits Unternehmen und Politik Sorgen. Die Pensionierungswelle in der Schweiz rollt, und so kommen jährlich rund 100'000 neue Rentner hinzu. Im Vergleich dazu lagen die Zahlen in den Vorjahren zwischen 70'000 und 90'000 und damit deutlich unter den aktuellen Zahlen. Das Problem ist, dass die nachfolgenden Generationen können diese Lücke nicht schliessen können.
Die Arbeitsmarktsituation in der Schweiz in Zahlen

Tatsächlich brummt der Schweizer Arbeitsmarkt. Trotz des Fachkräftemangels und der steigenden Zahl von Rentnern liegt die Arbeitslosenquote immer noch bei 1,9 Prozent. Das ist zwar ein Rekordtief, angesichts des Arbeitskräftemangels jedoch verwunderlich. In Zahlen sind es rund 161'000 Menschen, die in der Schweiz auf Stellensuche sind.

Dennoch herrscht ein akuter Mangel an Fachkräften, insbesondere in den Bereichen Ingenieur- und Gesundheitswesen, IT, Produktion und Logistik. Dementsprechend ist die Anzahl offener Stellen in diesen Bereichen im vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen. Und diese Situation wird sich auch weiterhin zuspitzen.

Hinzu kommen die alternde Gesellschaft sowie das schleichende Ausscheiden der Babyboomer aus dem Erwerbsleben. Babyboomer sind die Jahrgänge zwischen 1946 und 1964, also die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der viele Babys geboren wurden.

Die höchste Geburtenrate wurde 1964 mit 113'000 Geburten erreicht. Danach nahmen die Zahlen nahezu kontinuierlich ab. Erst in den vergangenen zwei Jahren stieg Geburtenrate auf rund 86'000 Geburten im Jahr an. Das bedeutet, dass die nachrückenden geburtenschwächeren Jahrgänge die Lücke der aus dem Berufsleben scheidenden Babyboomer nicht schliessen können.

Und so wird das Verhältnis von Erwerbstätigen zur Gesamtbevölkerung - das ist die sogenannte Bruttoerwerbsquote - in den kommenden Jahren von 58 auf 53,7 Prozent sinken.

Fachkräftemangel wird zum Arbeitskräftemangel

Die Schweiz und auch andere europäische Länder haben nicht nur ein Problem mit dem Fachkräftemangel, sondern es besteht insgesamt ein Mangel an Arbeitskräften - allerhöchste Zeit gegenzusteuern. Aber wie? Es gibt Lösungen und Auswege aus dieser schwierigen Situation, und die könnten so aussehen:

 
  • Es wird immer deutlicher, dass der Fachkräftemangel auch daraus resultiert, dass viel zu wenig Unternehmen Lehrlinge ausbilden. Das bedeutet zwar zunächst Investitionen, die jedoch als Investment in die Zukunft des eigenen Unternehmens gut angelegt sind.
     
  • Es geht nicht nur darum, neue Mitarbeiter zu gewinnen, sondern auch Mitarbeiter zu finden. Also lassen sich Unternehmer mehr einfallen, um das Image des Unternehmens zu verbessern und die Arbeit möglichst attraktiv zu gestalten. Dazu gehört auch, Kinderkrippen im Unternehmen zu eröffnen, in denen Kinder von Mitarbeitern zeitlich flexibel betreut werden.
     
  • Eine weitere Idee, um dem Fach- und Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, liegt auf der Hand und wird noch immer viel zu wenig genutzt. Es gibt Mitarbeiter, die über das Pensionsalter hinaus arbeiten möchten. Das ist eine Lösung, die den Arbeits- und Fachkräftemangel in den nächsten Jahren deutlich abschwächen könnte.
  • Voraussetzung ist ein Umdenken in den Unternehmen, über 50-Jährige als alt abzustempeln. Das darf zwar aus Gründen der Diskriminierung nicht einmal hinter vorgehaltener Hand getuschelt werden - doch jeder Arbeitnehmer weiss es. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Männer von 81 Jahren und bei Frauen von 85 Jahren in der Schweiz sind 50 Jahre kein Alter. Es sind vergeudete Ressourcen, in diesem Alter die Arbeit einzustellen beziehungsweise einstellen zu müssen.

Ob die fetten Jahre der Schweizer Wirtschaft wirklich vorbei sind, wird massgeblich von der Weichenstellung in Politik und Wirtschaft abhängen, von kreativen originellen Ideen, von der Flexibilität und der Bereitschaft zu positiven Veränderungen.