Warum sollten Unternehmen in Bezug auf ältere Mitarbeiter umdenken?
Veröffentlicht am 26.09.2024 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
Sie heissen Over-50s, Generation 50 plus oder auch Best Agers. Die Rede ist von Arbeitnehmern, die älter als 50 Jahre alt sind. Tatsächlich sind Arbeitskräfte über 50 Jahre die einzige Altersgruppe, die in den nächsten Jahrzehnten quantitativ wachsen wird. Doch die bisherige Personalpolitik, Menschen ab 50 als alt abzustempeln und aufs Abstellgleis zu stellen, wird fortgesetzt. Die grosse Bereicherung, die ältere Arbeitnehmer für ein Unternehmen haben und die Tatsache, dass sie in Zukunft unverzichtbar sind, werden ignoriert - noch!
Aktuelle Personalpolitik: Ausgrenzung älterer Arbeitnehmer
Aufgrund des Mangels an Fachkräften und der demografischen Entwicklung ergibt sich die Notwendigkeit, verstärkt auf ältere Arbeitnehmer zu setzen. Doch dieser Umstand ist noch nicht in den Köpfen der Unternehmer beziehungsweise Personalverantwortlichen angekommen. Denn noch immer ist die Personalpolitik jugendorientiert und steht im Widerspruch zu den kommenden Herausforderungen. Das äussert sich in der Ausgrenzung älterer Mitarbeiter und dem fehlenden Bewusstsein, diese als für Unternehmen wertvolle Ressource anzunehmen.
Hier einige Beispiele:
- Ganz im Sinne der Jugendorientierung sprechen Stellenanzeigen vornehmlich jüngere Bewerber an, zu erkennen an Formulierungen wie "junger Mitarbeiter" gesucht für ein "junges dynamisches Team".
- Die Jugendorientierung führt dazu, dass sich ältere Arbeitnehmer ausgegrenzt fühlen und auch tatsächlich in der aktuellen Personalpolitik bedeutungslos sind.
- Mit zunehmendem Alter werden ältere Arbeitnehmer auf Schonarbeitsplätze versetzt.
- Die Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung lassen die Erfordernisse und Bedürfnisse älterer Mitarbeiter völlig ausser Acht.
- Ältere Mitarbeiter werden bewusst nicht in betriebliche Weiterbildungen einbezogen. Da sie nur noch einen begrenzten Zeitraum im Unternehmen sind, lohnt sich nach Auffassung der Unternehmensführung das Investment in Geld und Zeit nicht mehr.
- Rationalisierungsmassnahmen, die den Peronalabbau betreffen, konzentrieren sich vornehmlich darauf, ältere Mitarbeiter vorzeitig in Pension zu schicken.
Doch was ist der Grund, dass Unternehmen und Personalverantwortliche ältere Mitarbeiter ausgrenzen, genau genommen diskriminieren?
Defizit-Modell: Leistungspotenzial älterer Menschen abwerten
Diesem Handeln liegt das sogenannte Defizit-Modell zugrunde, das eigentlich nur bis Anfang 1990 Gültigkeit hatte und in den Köpfen der Personaler implementiert war. Doch scheinbar lebt es bis heute fort. Nach dem Defizit-Modell steht das Fehlende im Mittelpunkt der Betrachtung. Das Alter wird mit dem Altern gleichgesetzt und hat für alle älteren Mitarbeiter gleichermassen Gültigkeit.
Danach kommt es mit zunehmendem Alter zu einem Abbau und Verfall von körperlichen und geistigen Fähigkeiten, von Qualifikation und damit auch von Leistung. Dem Defizit-Modell liegt die Auffassung zugrunde, dass alle Menschen in gleicher Weise altern. Danach wird das Alter im Wesentlichen mit Gebrechlichkeit, Verfall, Kranksein sowie dem Abbau von Kräften und Leistung gleichgesetzt, während positive Werte wie Berufs- und Lebenserfahrung vernachlässigt werden.
Seit Anfang 1990 gibt es das Kompensations-Modell
Die jüngere gerontologische Forschung hat einen anderen Ansatzpunkt und betrachtet den Prozess des Alterns und das Alter differenziert. Das bedeutet, dass mögliche Defizite möglichen Potenzialen gegenübergestellt werden. Diese differenzierte Betrachtungsweise hat Eingang in das Kompensations-Modell gefunden, das bereits 1990 in der Forschung das Defizit-Modell abgelöst hat. Danach findet eine differenzierte Sichtweise des Alters und des älter Werdens statt mit diesen Inhalten:
- Fähigkeiten wandeln sich im Alter. Einige Fähigkeiten nehmen ab, andere bleiben stabil und einige nehmen sogar zu.
- Es gibt nicht pauschal die Älteren, sondern auch sie sind Individuen, zwischen denen es Unterschiede gibt. Jeder Mensch altert auf andere Weise und in unterschiedlichem Tempo.
- Genauso wie bei jungen Menschen gibt es auch bei Älteren Unterschiede in der kognitiven und körperlichen Entwicklung.
Das Kompensations-Modell fordert insoweit Unternehmer und Personaler auf, den einzelnen Menschen zu betrachten und kein Pauschalurteil über ältere Arbeitnehmer zu fällen. Insoweit kann es hilfreich sein, sich nicht nur in Personalabteilungen für einen Mix aus jüngeren und älteren Mitarbeitern zu entscheiden, um langfristig die Zukunft eines Unternehmens zu sichern.