Fachkräftemangel: Warum vernachlässigen Schweizer Firmen über 50-Jährige? - jobbern.ch
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Fachkräftemangel: Warum vernachlässigen Schweizer Firmen über 50-Jährige?

Veröffentlicht am 25.01.2024 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
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Trotz des Fachkräftemangels vernachlässigen Unternehmen in der Schweiz Arbeitnehmer, die älter als 50 Jahre alt sind. Unterstützung erhalten die Ü50er nur dann, wenn es um eine Entlassung oder Frühpensionierung geht. Was ist der Grund, dass Arbeitgeber diese Arbeitnehmergruppe nahezu links liegen lässt und das, obwohl sie 30 Prozent der Erwerbsbevölkerung ausmacht?
Abbau der Arbeitskraft der über 50-jährigen Arbeitnehmer

Die Schweizer Wirtschaft braucht Arbeitskräfte. Anstatt das vorhandene Potenzial zu nutzen und
insbesondere ältere Mitarbeiter länger im Arbeitsmarkt beziehungsweise im Unternehmen zu halten, werden Stellen für ältere Arbeitnehmer abgebaut. In dieser Situation erlauben sich 66 Prozent der Schweizer Arbeitgeber den Luxus, sich nicht mit den Bedürfnissen der Ü50er auseinanderzusetzen.

Das zumindest ist das Ergebnis einer Umfrage unter mehreren hundert Schweizer Firmen durch Talent Solutions Right Management, bei dem es sich um ein Tochterunternehmen des Personaldienstleisters Manpower Group handelt. Anstatt ältere Arbeitnehmer zu fördern, wird ihre Arbeitskraft abgebaut. Tatsächlich wären die Ü50er eine sinnvolle Lösung, um den Fachkräftemangel zumindest teilweise aufzufangen.

Das Investment in ältere Arbeitskräfte lohnt sich

Mitverantwortlich für die Studie ist Nina Rüschen, die der Meinung ist, dass Unternehmen nicht
einfach «ein Drittel ihrer Belegschaft ignorieren» können. Schliesslich sei die Investition in
die Generation 50Plus kein Gutmenschentum, sondern bringe den Unternehmen einen ganz konkreten Mehrwert. Denn diese Mitarbeiter verfügten nicht nur über grosses Wissen, sondern auch über langjährige Berufserfahrung, soziale Kompetenz und sind überdies stressresilient, so Rüschen.

Die Studie empfiehlt Unternehmen beispielsweise, in die Arbeitsmarktfähigkeit älterer Arbeitnehmer zu investieren. Gemeint sind Weiterbildungen, wobei ältere Mitarbeiter auch die Bereitschaft dafür haben müssen. Eine weitere Empfehlung ist, dass Arbeitgeber offener werden bei der Rekrutierung von Arbeitskräften. Was in anderen Ländern längst zum Standard gehört, gibt es in der Schweiz nicht.

Gemeint sind Bewerbungen mit Lebensläufen, die ohne Geburtsdatum und ohne Bild auskommen. Eine Selektion nach Alter ist so nicht mehr möglich, sodass die Chancen für ältere Arbeitnehmer auf einen neuen Arbeitsplatz steigen würden.

Was ist dran an den Mythen über 50-jährige Arbeitnehmer?

Hartnäckig halten sich Mythen über ältere Arbeitskräfte. Sie seien weniger motiviert, weniger flexibel in Bezug auf Veränderungen, weniger produktiv und häufiger krank. Doch stimmen diese Aussagen, oder handelt es sich um haltlose Mythen?

1. Ältere Arbeitskräfte sind weniger motiviert: Tatsächlich steigt die Motivation von
Arbeitskräften mit zunehmendem Alter. Grund ist, dass ältere Arbeitnehmer über Wissen und
Kompetenzen verfügen, die sie gerne an andere weitergeben. Besonders motiviert sind ältere
Arbeitskräfte im neuen Job nach einer Erwerbslosigkeit.

2. Ältere Mitarbeiter tun sich schwer mit Veränderungen: Auch dieser Mythos ist falsch.
Festgestellt wurde, dass die Veränderungsbereitschaft in der Altersgruppe ab 50 Jahren deutlich
höher liegt als in der Gruppe der 40- bis 50-Jährigen. Das hat auch damit zu tun, dass die
familiäre Verantwortung gesunken ist, weil die Kinder bereits auf eigenen Beinen stehen.

3. Ältere Menschen sind häufiger krank: Diesbezüglich gibt es zwischen älteren und jüngeren
Mitarbeitern kaum Unterscheide. Im Gegenteil. Das durch Unfälle bedingte Ausfallrisiko sinkt mit
zunehmendem Alter, da risikoreiches Verhalten und das Ausüben gefahrenträchtiger Hobbys
abnehmen. Dass ältere Arbeitnehmer länger leistungsfähig bleiben, hat auch mit einem veränderten Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung und mit der guten Gesundheitsversorgung in der Schweiz zu tun.

4. Ältere Arbeitnehmer erzeugen höhere Personalkosten: Regelmässig ist die Höhe des Lohns
Verhandlungssache. Insoweit ist dieser Mythos nicht haltbar. Denn die Berufsgruppe der über
50-Jährigen ist zu Kompromissen bereit, und zwar bereitwilliger als jüngere Arbeitnehmer. Meist
steht der Lohn bei einem Stellenwechsel oder der Wiederaufnahme einer neuen Arbeit nicht im
Vordergrund.

Dass Schweizer Firmen immer noch Vorbehalte in Bezug auf die Leistungsfähigkeit, die
Veränderungsbereitschaft und die Gesundheit gegen Arbeitskräfte über 50 Jahre haben, ist
kritikwürdig. Was sich auf dem Schweizer Arbeitsmarkt angesichts des Fachkräftemangels
tatsächlich ändern muss, ist die Einstellung der Arbeitgeber gegenüber älteren Arbeitskräften
und der Abbau unhaltbarer Mythen.